Alles nur Käse?! Wie ich Raclette nochmal ganz neu kennenlernte
Raclette heißt für mich: Pfännchen füllen, Käse drauf. Ich musste erst 40 Jahre werden, um zu erfahren, dass es noch eine andere Art gibt - die Schweizer. Aber kann ich mich dafür erwärmen?veröffentlicht am 06.12.2024
Meine erste Raclette-Erinnerung führt mich zu einem Kindergeburtstag bei einer Schulfreundin. Es war Anfang Dezember, ich muss so zehn gewesen sein. Statt in einem Zuckerrausch aus Limo und Schokokuchen landeten wir im Käsehimmel. Wir saßen um den Tischgrill wie um ein Lagerfeuer und befüllten unsere Pfännchen mit Kartoffelscheiben, Gemüse und – natürlich – reichlich Käse.
Einige Jahre später besuchte ich mit meinen Eltern Freunde in Luzern. Sie holten den „Tischgrill” raus. Und ich war irritiert: Das ist doch Raclette. Im Hochsommer? Und wo sind bitte die ganzen Zutaten für mein Pfännchen? Vor mir stand nur ein Teller mit Pellkartoffeln, Gewürzgurken und Silberzwiebeln – sonst nichts. Ich lernte: in die Pfännchen kommt nur Käse, der dann geschmolzen auf den Teller gegossen wird. So machen die Schweizer also traditionell Raclette, dachte ich. Wie falsch ich damit lag, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Ich studierte die Schmelzologie des Käses – alles fürs perfekte Raclette
Für Familienkost entwickelte ich mich zur richtigen Raclette-Expertin, allerdings nach deutscher Art. Ich teilte meine ultimative Raclette-Zutatenliste, testete Pizza-Raclette und servierte süsses Raclette als Nachtisch. Könnte man Raclette studieren, hätte ich sogar einen Master in Schmelzologie, denn ich probierte viele Sorten, um den besten Raclette-Käse zu finden.
Raclette ist für mich ein kulinarischer Spielplatz, bei dem sich jeder austoben kann, egal ob Fleischesser, Veggies, Veganer (auch veganes Raclette habe ich getestet) oder Low Carbies.
Apropos Spielplatz: Auch für meine Kinder war Raclette schon immer ein Hit – selbst als sie noch klein waren. Denn Raclette eignet sich super als Familienkost für Babys. Nur sollte man darauf achten, dass das Essen nicht zu heiß ist. Ich habe die Pfännchen damals mit Kartoffelscheiben oder Brokkoli gefüllt und nur ein Mini-Stück milden Käse dazugelegt. Außerdem habe ich meine Kinder Raclette Idee mit Buttergemüse & Nudeln umgesetzt. Denn es geht vor allem darum, dem Baby zu zeigen: Du bekommst das Gleiche wie der Rest der Familie.

Hello, is it cheese you’re looking for? Die Schweizer Art Raclette zu machen
Um meinen Titel als Raclette-Expertin zu verteidigen, tauchte ich letztes Jahr tiefer in das Thema ein: Woher kommt Raclette? Wie isst man in der Schweiz Raclette traditionell? Alle Antworten könnt ihr in meinem Artikel über Original Schweizer Raclette nachlesen. Aber ich wollte mehr als nur darüber lesen und schreiben – ich wollte es probieren. So zog kurzerhand ein Schweizer Raclette-Ofen bei uns ein.
Der erste Versuch fand bei uns im Garten statt, als der Sommer sich nicht sicher war, ob er noch bleiben oder schon gehen will. Ich platzierte den halben Käselaib – natürlich Original Schweizer Käse, was sonst – in der Vorrichtung, die Schnittfläche Richtung Hitze. Dann hieß es warten. Der Tisch sah aus wie ein minimalistisches Kunstwerk: nur Käse, Kartoffeln, Gürkchen und Silberzwiebeln. Als der Käse blubberte, schabte ich die oberste Schicht auf den ersten Teller.
Schweizer Raclette ist anders. Kein hektisches Pfännchen-Gewusel, sondern ein Genussritual, bei dem einer nach dem anderen drankommt. Es ist entschleunigend, aufs Wesentliche konzentriert – und ziemlich mächtig, was an der großen Portion Käse liegt. Nach zwei Runden denke ich jedes Mal: Ich werde nie wieder Hunger haben. Spoiler: Habe ich dann doch, aber erst sehr viele Stunden später.
Mal wie Tetris spielen, mal wie ein Meditationskurs, immer unglaublich lecker
Deutsches Raclette ist wie Tetris. Zutaten werden präzise in die Pfännchen gestapelt und alle spielen mit – bis der Endgegner erreicht ist: das Saubermachen. Schweizer Raclette dagegen ist wie ein Meditationskurs: warten, schaben, genießen, warten, schaben, genießen. Ich mag beide Raclette-Arten, aber die Schweizer noch etwas lieber, weil ich bei der achtsamen Zubereitung gut abschalten kann.
Doch egal, wie man es macht, bei Raclette geht es für mich immer um das Gleiche: die Zeit, die wir uns nehmen, um gemeinsam zu essen, zu reden und zu lachen. Und natürlich um Käse. Viel Käse!
Idee zum Nachmachen: Mach Raclette mal im Sommer! Draußen auf der Terrasse schmeckt der Käse mindestens genauso gut – und der Rauch zieht auch schneller ab.
Und wie ist es bei dir? Käse schaben oder Pfännchen füllen – was ist deine Raclette-Philosophie?